Deviants

19 Oktober - 17 November 2023
Übersicht

Galerie Kandlhofer präsentiert in der Duo-Ausstellung Deviants Fotografien des Chilenischen Künstlers Rodrigo Valenzuela, sowie Skulpturen des Iranischen Künstlers Reza Aramesh. 

 

Die neue Werkserie „Garabatos“ von Rodrigo Valenzuela (* 1982, Chile) zeigt Schwarz-Weiß-Fotografien, die von Rodrigo Valenzuelas Recherchen über lateinamerikanische Subkulturen und die Musikszene während der Diktaturjahre im Gefolge der Operation Condor inspiriert sind. Bei Operation Condor handelt es sich um eine von der CIA geleiteten Initiative, die darauf abzielte, sozialistische Bestrebungen in Südamerika durch die Schaffung eines Netzes der Zusammenarbeit zwischen Militärregimen zu neutralisieren. Mittels der Verwendung von Archivbildern, Magazinen und Filmen isoliert der Künstler die Bewegungen der Körper aus den dokumentarischen Bildern und schafft so ein Vokabular von Gesten, aus denen nachfolgend Skulpturen werden, die fotografiert werden. Die Fotografien erinnern an eine Mischung aus Museum und Theaterbühne und stellen einen Versuch dar, die Ideologie, die mit dem Museum als Ort der kanonisierten Schönheit und Information verbunden ist, durch einen egalitäreren und sensibleren Ort des Allgemeinwissens oder der Lebensweisheit zu ersetzen.

 

Die in der Ausstellung präsentierten Skulpturen von Aramesh (* 1970, Iran) sind Teil der  Werkserie „Study of Sweatcloth as an Object of Desire“ (Studie über Schweißtuch als Objekt der Begierde), die aus lebensgroßer Herrenunterwäsche besteht, die aus Carrara-Mamor geschnitzt wurde. Der beabsichtigte Ausstellungsort der Objekte stellt der Boden dar. Der Marmor wird durch tiefes Schneiden und Polieren von Meisterhand geformt, um die Illusion von Kleidungsstücken in Anlehnung an historische europäische Bildhauertraditionen zu erzeugen. Jedes einzelne Werk, dessen Titel auf der Unterseite eingraviert ist, bezieht sich auf eine Reihe historischer Daten und geografischer Orte von Haftanstalten, die der Künstler zu beleuchten versucht.

 

Durch die starke Konnotation der jeweiligen Werkserien zu historischen Ereignissen sowie die Beleuchtung gesellschaftlicher Strukturen und Ideologien, korrespondieren die Werkserien Valenzuelas und Aramesh trotz der Verwendung unterschiedlicher Medien auf eindrucksstarke Art miteinander. Insbesondere die Thematisierung und Bearbeitung von menschlichen Ungerechtigkeiten und Gewalt nehmen im Oeuvre beider Künstler eine bedeutsame Rolle ein. Durch die Bearbeitung dieser Materie mittels einer künstlerisch individuellen Ausdrucksweise, gelingt es beiden Künstlern auf beachtliche Weise zu einer durchdringenden Kontemplation über menschliche Verhaltensweisen und gesellschaftliche Strukturen anzuregen, die beim Betrachtenden nachhaltige Impressionen hinterlässt. 

 

 

 

Werke
Pressemitteilung

Galerie Kandlhofer präsentiert in der Duo-Ausstellung Deviants Fotografien des Chilenischen Künstlers Rodrigo Valenzuela, sowie Skulpturen des Iranischen Künstlers Reza Aramesh. 

 

Die neue Werkserie „Garabatos“ von Rodrigo Valenzuela (* 1982, Chile) zeigt Schwarz-Weiß-Fotografien, die von Rodrigo Valenzuelas Recherchen über lateinamerikanische Subkulturen und die Musikszene während der Diktaturjahre im Gefolge der Operation Condor inspiriert sind. Bei Operation Condor handelt es sich um eine von der CIA geleiteten Initiative, die darauf abzielte, sozialistische Bestrebungen in Südamerika durch die Schaffung eines Netzes der Zusammenarbeit zwischen Militärregimen zu neutralisieren. Mittels der Verwendung von Archivbildern, Magazinen und Filmen isoliert der Künstler die Bewegungen der Körper aus den dokumentarischen Bildern und schafft so ein Vokabular von Gesten, aus denen nachfolgend Skulpturen werden, die fotografiert werden. Die Fotografien erinnern an eine Mischung aus Museum und Theaterbühne und stellen einen Versuch dar, die Ideologie, die mit dem Museum als Ort der kanonisierten Schönheit und Information verbunden ist, durch einen egalitäreren und sensibleren Ort des Allgemeinwissens oder der Lebensweisheit zu ersetzen

 

Der Titel der Arbeiten, Garabatos kann mit "Gekritzel" übersetzt werden. Umgangssprachlich ist ein "Garabato" jedoch auch eine Beleidigung, die auf den Straßen oder in den Stadien Chiles gebrüllt wird. Valenzuela interessiert sich für abstrakte Gesten, die Teil eines kollektiven Wortschatzes sind, ein verzweifelter Versuch, sich mitzuteilen, eine Bewegung des Begehrens oder ein Klassencode. Beleidigungen gehören zu Subkulturen und sind ein wichtiger Teil der nationalen Identität; eine Beleidigung ist eine Mischung aus Popkultur, Klasse und Geografie. Valenzuela hegt Interesse dafür, mittels seiner Arbeiten die sozialen Reaktionen auf Ungerechtigkeit und Wut zu analysieren, vor allem wenn man bedenkt, dass die meisten lateinamerikanischen Länder zu einem bestimmten Zeitpunkt sehr ähnliche Regeln und Übergriffe erlebten, die von der Ideologie des amerikanischen Imperialismus ausgingen. 

 

Die in der Ausstellung präsentierten Skulpturen von Aramesh (* 1970, Iran) sind Teil der  Werkserie „Study of Sweatcloth as an Object of Desire“ (Studie über Schweißtuch als Objekt der Begierde), die aus lebensgroßer Herrenunterwäsche besteht, die aus Carrara-Mamor gefertigt wurde. Der beabsichtigte Ausstellungsort der Objekte stellt der Boden dar. Der Marmor wird durch tiefes Schneiden und Polieren von Meisterhand geformt, um die Illusion von Kleidungsstücken in Anlehnung an historische europäische Bildhauertraditionen zu erzeugen. Jedes einzelne Werk, dessen Titel auf der Unterseite eingraviert ist, bezieht sich auf eine Reihe historischer Daten und geografischer Orte von Haftanstalten, die der Künstler zu beleuchten versucht.

 

 

Die fortlaufende Untersuchung von Reza Aramesh zu verschiedenen Darstellungen von Gewalt und ihren Verheißungen bezieht sich auf autobiographisch prägenden Jahre im Teenageralter, in denen der Künstler sein Geburtsland, den Iran, verließ. Obwohl Aramesh in seiner konzeptionellen Praxis unsentimental ist und sich in seiner Kunst nur selten auf seine persönlichen Erfahrungen bezieht, besteht ein übergreifendes Thema, das sein unerschütterliches Engagement für menschliche Ungerechtigkeit anspricht. Er interessiert sich für den Wendepunkt, an dem Empathie und Grausamkeit in einem Augenblick umschlagen können. 

 

Das Ethos der Serie besteht darin, eine Erfahrung der Materialität zu vermitteln und sich mit der Darstellung weicher Materialien zu beschäftigen, die in gemeißelten Stein verwandelt werden. Darüber hinaus bieten die fortlaufenden Serien eine spezifische Sprache für das Ereignis, in Situationen der Unterwerfung und des Zwangs sprichwörtlich seiner Würde beraubt zu werden. Insbesondere das Ereignis der Verhaftung und Verbringung in ein Gefängnis. Jedes Objekt stellt den Verzicht auf das letzte persönliche Kleidungsstück, eine Unterhose, dar, bevor es von einem menschlichen Wesen zu einer menschlichen Statistik verarbeitet wird.

 

Durch die starke Konnotation der jeweiligen Werkserien zu historischen Ereignissen sowie die Beleuchtung gesellschaftlicher Strukturen und Ideologien, korrespondieren die Werkserien Valenzuelas und Aramesh trotz der Verwendung unterschiedlicher Medien auf eindrucksstarke Art miteinander. Insbesondere die Thematisierung und Bearbeitung von menschlichen Ungerechtigkeiten und Gewalt nehmen im Oeuvre beider Künstler eine bedeutsame Rolle ein. Durch die Bearbeitung dieser Materie mittels einer künstlerisch individuellen Ausdrucksweise, gelingt es beiden Künstlern auf beachtliche Weise zu einer durchdringenden Kontemplation über menschliche Verhaltensweisen und gesellschaftliche Strukturen anzuregen, die beim Betrachtenden nachhaltige Impressionen hinterlässt. 

 

Ausstellungsansichten